Als junger Mann wollte ich an der Börse "zocken": Am besten jeden Tag ein paar Trades und abends über die Gewinne freuen. Das war mein Plan. Adrenalin, Action und Rendite. Mit zunehmendem Alter kam der Ökonom in mir zum Vorschein gepaart mit dem Wunsch, meinen Handel zu optimieren: Also gleichen Ertrag mit weniger Aufwand erreichen. Auf meiner Suche nach Lösungen bin ich auf ETFs gestoßen.
Was ist ein Fonds, ein Index und ein Indexfonds?
Warum habe ich von meinem Banker noch nichts darüber gehört?
ETFs einfach erklärt: Zahlen, Daten und Fakten
Die Abkürzung ETF steht für Exchange Traded Fund. Es handelt sich hierbei um Investmentfonds, die an der Börse gehandelt werden.
Wenn Du in Aktien investieren möchtest, kannst Du dies tun, indem Du Dein Geld direkt in einzelne Aktien investierst. Du eröffnest ein Depot und kaufst beispielsweise 50 Aktien von Apple oder 100 Aktien von Daimler.
Diesen Vorgang nennt man im Englischen Stockpicking, denn Du suchst Dir einzelne Aktien aus der Gesamtheit der handelbaren Werte heraus.
Eine smartere Variante in Aktien zu investieren besteht darin, einen Investmentfonds (Kurzform Fonds) zu kaufen. Hierbei wird die komplizierte Aufgabe des Stockpicking an einen erfahrenen Fondsmanager übertragen, welcher die Auswahl übernimmt.
Ein Fonds ist eine Kapitalgesellschaft, die von vielen verschiedenen Anlegern Geld einsammelt und dieses als sogenanntes Sondervermögen verwaltet.
Ein Anleger erwirbt Anteile des Fonds in Höhe seiner Investition.
Mit dem Geld des Sondervermögens handelt der Fondsmanager dann Wertpapiere (Aktien, Anleihen usw.) und versucht, eine möglichst hohe Rendite zu erzielen. Investiert der Fonds beispielsweise größtenteils oder ausschliesslich in Aktien, sprechen wir von einem Aktienfonds.
Die erzielten Gewinne (Rendite) werden abschließend, nach Abzug der Kosten für den Fonds, wiederum an die Anteilseigner des Fonds ausgeschüttet.
Ein Index ist eine Zusammenstellung von Wertpapieren, die einen Markt oder eine Strategie repräsentiert.
Das bekannteste Beispiel in diesem Zusammenhang ist vermutlich der DAX, der Deutsche Aktien Index, welcher die 40 größten Aktiengesellschaften in Deutschland darstellt.
In der Finanzwelt werden von verschiedenen Anbietern Indizes für verschiedenste Anlageklassen und Märkte erstellt und deren Performance gemessen. Der bekannteste Anbieter ist Morgan Stanley Capital International (MSCI), es gibt aber auch europäische Anbieter wie beispielsweise FTSE Russel (FTSE).
Diese Firmen fassen die Entwicklung vieler Wertpapiere, welche in identische Anlageklassen einzusortieren sind, zusammen und stellen somit die Entwicklung dieses Marktes dar.
Es gibt also beispielsweise einen Index, welcher die Entwicklung des gesamten globalen Aktienmarktes der entwickelten Welt abbildet (MSCI World Index) oder einen Index auf europäische Anleihen (Barclays Euro Treasury).
Ein Indexfonds stellt nun eine Kombination aus Investmentfonds und Index dar. Hierbei handelt es sich konkret um einen Investmentfonds, der als Anlagestrategie in die Werte eines speziellen Index investiert und somit dessen Wertentwicklung nachbildet.
Da hier das Stockpicking, die individuelle Auswahl von Wertpapieren, entfällt, spricht man von einer passiven Form des Investierens.
Stockpicking hingegen stellt das genaue Gegenteil dar und wird als aktives investieren bezeichnet.
Die Anteile aktiv gemanagter Investmentfonds werden in der Regel von den herausgebendenden Gesellschaften direkt verkauft. So werden beispielsweise den Kunden der Sparkasse gerne Deka-Fonds und den Volksbänkern das Gegenstück von Union Investment angeboten.
Möchtest Du also vielleicht einen Deka-EuropaSelect CF oder UniDeutschland I erwerben, eröffnet Dein Bankberater Dir ein Depot bei der jeweiligen Fondsgesellschaft und Du kaufst die Anteile des jeweiligen Aktienfonds einmalig per Auftragserteilung oder regelmäßig mittels eines Sparplan.
Nach 2-3 Arbeitstagen für die Bearbeitung sind die Anteile dann entsprechend gekauft oder auch wieder verkauft.
ETFs hingegen werden nicht über die Fondsgesellschaften vertrieben, sondern direkt an der Börse gehandelt, analog zu Aktien.
Als Anleger musst Du also ein Depot bei einem Broker oder einer Bank eröffnen, suchst Dir den passenden ETF aus und kaufst diesen direkt online. Die Einbuchung ins Depot erfolgt im selben Augenblick.
ETFs sind also börsengehandelt (Kauf- und Verkauf erfolgt direkt über die Börse) und zeichnen sich daher durch eine sehr hohe Verfügbarkeit/Liquidität aus, da Du Deine Anteile jederzeit zum entsprechenden Kurs wieder in cash umwandeln kannst.
Wie kann ein ETF nun einen Index nachbilden? Eigentlich ganz simpel: Der Fondsmanager kauft einfach alle Wertpapiere in der entsprechenden Gewichtgung, wie sie im Index aufgeführt werden.
Tatsächlich gibt es in der Realität jedoch drei verschiedene Varianten, wie ETFs einen Index abbilden: Die Physische Nachbildung, die Sampling-Methode und die Synthetische Replikation.
1976 hat John Bogle mit dem Vanguard 500 quasi den ETF "erfunden" und mittels einem einzigen Fonds die Entwicklung des gesamten S&P 500 abgebildet.
Die Vorgehensweise von Bogle nennt man voll nachbildend oder physisch replizierend. Hierbei werden alle Aktien gemäß ihrer Gewichtung im Index 1:1 gekauft und gehalten.
Bei Indices, welche nur Aktien enthalten, die ein hohes Handelsvolumen (Viele Käufe und Verkäufe der jeweiligen Werte) und daher auch niedrige Kosten aufweisen, ist dies eine gute Herangehensweise.
Umfasst ein Index sehr viele Werte und ggf. auch noch Nebenwerte mit niedrigem Handelsvolumen (was zu höheren Transaktionskosten führt), wird nicht der gesamte Index physisch nachgestellt.
Um Kosten zu sparen, werden jetzt nur die größten Teile des Index wirklich physisch gekauft und gehalten. Man nennt dies Teilreplikation.
So verzichten manche ETFs auf den MSCI World aus Kostengründen auf den Kauf von Aktien, die einen bestimmten Prozentsatz am Gesamtindex unterschreiten (z.B. 0,09 %).
Die Wertentwicklung eines solchen teilreplizierten ETFs orientiert sich damit zwar an der Entwicklung des Index, es kann jedoch zu kleineren Wertabweichungen kommen. Diese Abweichung bezeichnet man als Tracking Error.
Die dritte Variante der Nachbildung ist die Synthetische Replikation. Hier werden nicht zwingend die Aktien des jeweiligen Index direkt gehalten, sondern es wird lediglich die Wertentwicklung des Index durch Derivate (Swaps) nachgestellt.
Ein Index enthält beispielsweise die Aktien 1, 2 und 3. Der Synthetische ETF kauft jetzt aber die Aktien 4 und 5 (Sicherheiten-Portfolio) und einen Swap. Der Swap ist ein Derivat oder Tauschgeschäft. Hier wird vereinbart, dass der Swap-Kontrahent dem ETF die Indexrendite inkl. sämtlicher Dividenenausschüttungen zukommen lässt. Im Gegenzug dazu erhält er die Rendite der Wertpapiere aus dem Sicherheitenportfolio.
Die Synthetische Replikation ist oftmals günstiger als eine direkte Investition in Nischenmärkte (Aktienindex von Pakistian beispielsweise) oder Anlageklassen wie Rohstoffe und weist einen kleineren Tracking Error auf.
Es besteht jedoch immer noch ein (geringes) Kontrahenten-Risiko: Der Kontrahent aus dem Swap kann, aus welchen Gründen auch immer, seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen.
Diese Frage musst Du für Dich selbst beantworten, denn jede Variante hat Vorteile und Nachteile. Es geht, wie immer beim Thema Finanzen und Investitionen, um die Abwägung von Kosten zu Risiken.
Ich persönlich halte ETFs mit phyischer Nachbildung und Teilreplikation. Für mich überwiegen die Vorteile die Nachteile
Meiner Meinung nach ist lediglich bei ethischen Entscheidungen (Beispielsweise bei Investitionen in einen nachhaltigen Index) darauf zu achten, dass auch wirklich das im ETF drin ist, was im Index angegeben wird.
Vielleicht hast Du nun auch schon die Vorteile von ETFs erkannt und fragst Dich, warum Du als Anleger bei Beratungsgesprächen zur Geldanlage von Deinem Bankberater noch keine Empfehlung zu ETFs erhalten hast?
Der Grund hierfür ist relativ einfach: Die Bank verdient deutlich weniger an ETFs im Vergleich zu herkömmlichen Investmentfonds:
Der Bankberater (und die Bank) leben von diesen Provisionen und empfehlen daher verständlicher Weise zunächst einmal die "hauseigenen" Produkte und Fonds.
Das bedeutet für Dich, dass Du Dich bei Investitionen in ETFs selbst mit dem Thema vertraut machen musst
In meinen Augen lohnt sich der Aufwand jedoch, da bei niedrigeren Kosten und geringerem Risiko gute Renditen als Belohnung winken.
ETFs erfreuen sich immer größerer Beliebtheit bei Anlegern. Laut Statista wurden 2019 bereits 152.112 Millionen Euro in Deutschland in ETFs investiert.
Wie einer Marktstudie der Website extraETF zu entnehmen ist, werden viele ETFs mittels Sparplan gekauft: Allein im März 2021 wurden 2.355.387 ETF-Sparpläne ausgeführt.
Die durchschnittliche Sparrate liegt hier bei 178,80 € pro Monat.
Waren 2014 "nur" 7,5 Milliarden Euro in ETFs investiert, sind es dazu im Vergleich 2020 bereits 47,6 Milliarden €. Dies entspricht einer Steigerung von über 500% in lediglich sechs Jahren.
2019 gab es in Deutschland ca. 1.800 Aktien- und Anleihen-ETFs; weltweit betrug die Auswahl sogar über 7.500.
Die drei größten ETF-Anbieter der Welt sind die US-Investmentfirmen BlackRock (in Deutschland iShares), Vanguard und State Street.
BlackRock verwaltet hierbei ca. 350 Milliarden €, Vanguard ca. 45 Milliarden € und State Street 35 Milliarden € (Stand 2019).
Eine Investition in einen ETF stellt offenbar keine Eintagsfliege mehr dar. Immer mehr Anleger investieren nicht mehr aktiv an der Börse, sondern gehen bei der Geldanlage den passiven Weg über ETFs.
Durch die Möglichkeit, sich mittels eines einzigen Produktes an vielen Unternehmen gleichzeitig zu beteiligen und durch die hohe Streuung sogar noch das Risiko zu minimieren, erfüllt sehr viele Anforderungen an eine Investition zum Vermögensaufbau.
Damit sicherst Du Dir übrigens einen statistischen Vorteil, welcher Dein Trading von Glücksspiel unterscheiden sollte.
Die folgende Grafik zeigt Dir vereinfacht zusammengefasst die wichtigsten Vor- und Nachteile von ETFs:
Weitere Ausführungen zu den Vor- und Nachteilen findest Du hier.
Aufgrund der Tatsache, dass der Markt für ETFs und das Interesse der Anleger an ihnen stetig wächst, kommen aktuell auch viele Fragen auf, welche ich Dir hier beantworten möchte.
Die Antwort vorweg: Ich kenne keine günstigere Alternative, sich durch den Kauf von Aktien an Unternehmen zu beteiligen, als durch ETFs. Aber schauen wir genauer hin.
Wenn Du direkt in Aktien investieren möchtest, benötigst Du ein Depot und kannst dann beispielsweise 20 SAP-Aktien direkt erwerben.
Die Kosten hierfür sind minimal: Bei einem günstigen online-Broker zahlst Du für das Depot keine Gebühren und beim Kauf der Aktien wird lediglich eine einmalige Gebühr in geringer Höhe fällig.
Ich müsste bei meinem Broker hierfür 0,050 %, mindestens jedoch 1,25 € berechnen.
Wenn Du einen ETF kaufen möchtest, benötigst Du ebenfalls ein Depot und kannst dann beispielsweise 20 Anteile eines ETF auf den MSCI World direkt erwerben. Depotgebühren fallen keine an und die Transaktionskosten sind ähnlich.
Beim ETF fallen jährlich jedoch Kosten an, nämlich für das Handling durch die Fondsgesellschaft. Bei meinem ETF auf den MSCI World sind das konkret 0,20 % pro Jahr.
Damit sind die Aktien doch jetzt günstiger, oder nicht? Du darfst hier nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.
Beim Kauf eines ETF investierst Du in einen Index, also in sehr viele Unternehmen. Würdest Du die Aktien aus dem Index alle selbst direkt kaufen, würden die Ordergebühren weit über den Kosten des ETF liegen.
Zusammengefasst: Die Ordergebühren der Direktinvestitionen würden deutlich über den laufenden Kosten eines ETF liegen
Ja, tust Du. In jedem Index sind Werte enthalten, die eine schlechte Performance erzielen werden. Die Frage ist jedoch: Welche Alternative gibt es?
Eine Alternative zu einem ETF ist individuelles Stockpicking. Du versuchst also, gezielt Aktien auszusuchen, die besser abschneiden als andere Aktien oder als der Markt.
Jede Statistik und Studie zeigt, das Diversifikation (breite Streuung) in der Regel bessere Ergebnisse liefert als Stockpicking
Daher ist es meiner Meinung nach vollkommen akzeptabel, wenn bei einer Investition in 1.600 Aktien (MSCI World Index) ein paar Werte Verluste bringen. Die übrigen Aktien gleichen mit ihren Gewinnen die Verluste mehr als aus.
Stellt sich zunächst die Frage, wie realistisch dieses Szenario ist?
Obwohl die Entwicklung der Investitionen in ETFs stark zunimmt (siehe oben), beträgt der Gesamtanteil des passiven Investierens durch Index-Fonds oder ETFs am Gesamtmarkt geschätzt immer noch deutlich unter 5%.
Spielen wir das Szenario jedoch einmal durch: Alle investieren nur noch in ETFs und es gibt kaum noch Stockpicker. Dann würde sich der Kurs einer Aktie vom wahren Wert des Unternehmens entfernen. Dies bringt jedoch wiederum Chancen für Stockpicker.
Ich glaube nicht daran, dass es irgendwann nur noch passive Investoren und ETFs geben wird. Die Börse ist ein Ort, wo Angebot und Nachfrage entscheiden. Und durch eine zu hohe Zahl an passiven Investoren würden die Chancen für aktive Investoren steigen.
Aktuell ist es ja genau anders herum. Das ist ja auch der Grund, warum passives Investieren mittels Fonds so gute Ergebnisse erzielt.
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