Wenn ich mir die aktuelle Berichterstattung in den Finanzmedien ansehe, erkenne ich momentan zwei Strömungen:
Ein großer Teil der "Experten" ist der Meinung, dass ETFs momentan in Sachen Geldanlage den "state of the art" darstellen.
Der andere Teil des Establishments erklärt dem Anleger, warum ETFs eigentlich keine gute Geldanlage sind.
Unter dem Titel "ETF Vorteile Nachteile" möchte ich Dir beide Seiten vorstellen, so daß Du Dir Deine eigene Meinung zum Thema bilden kannst.
In diesem Artikel möchte ich deutlich machen, welche Vorteile ETFs mitsichbringen: Von der Kostenstruktur über die Streuung bis hin zu der einfachen praktischen Handhabung.
Ich werde Dir aber auch die Nachteile nicht vorenthalten: Welche Renditen möglich sind, welche Risiken es gibt und wie sich ETFs in Krisenzeiten entwickeln.
Nach dem Studium dieses Beitrags solltest Du in der Lage sein, Dir eine eigene Meinung zum Thema Geldanlage mit ETFs zu bilden und für Dich Klarheit besitzen, ob Du Dein Geld in einen Fonds anlegen möchtest oder nicht.
Vorteile ETFs: Geringere Verwaltungsgebühren
Vorteile ETFs: Bessere Performance gegenüber aktiv gemanagten Investmentfonds
Vorteile ETFs: Höhere Sicherheit gegenüber Investitionen in Einzelaktien
Vorteile ETFs: Vermögensaufbau mittels Sparplan möglich
Nachteile ETFs: Kontrahentenrisiko bei Swap basierten Indexfonds
Nachteile ETFs: Nur durchschnittliche Renditen möglich
Nachteile ETFs: Unklarheit über die gehaltenen Titel des Fonds
Nachteile ETFs: Das Risiko von Wertschwankungen
Nachteile ETFs: Kein Mitspracherecht bei der Kaufauswahl
ETF Vorteile Nachteile - Zusammenfassung
Wenn private Anleger Ihre Ersparnisse investieren wollen, werfen sie meistens einen Blick auf die Rendite, die sie mit der jeweiligen Investition erzielen können.
Eine Investition, welche 12 % Rendite verspricht, klingt ja auch sehr gut und vielversprechend.
Was jedoch neben der Rendite, die erzielt wird, auch betrachtet werden muss, sind die damit verbundenen Kosten.
Für eine Investition von 1.000,- stehen 2 Alternativen zur Verfügung: Variante 1 mit 5 % Verzinsung und Variante 2 mit 10 % Verzinsung.
Variante 2 klingt also deutlich vorteilhafter. Jedoch ergibt sich nach einem Blick auf die Kosten ein anderes Bild: Variante 1 hat nur 0,5 % Kosten, was einen Netto-Gewinn von 4,5 % ergibt (5 - 0,5), wohingegen Variante 2 6 % Kosten aufweist und lediglich 4 % Netto-Gewinn (10 - 6).
Zur Beurteilung einer Investition ist es also notwendig, die Verzinsung zu betrachten. Gehen wir der Einfachheit halber davon aus, dass ETFs identische Ergebnisse liefern wie aktiv gemanagte Investmentfonds.
Warum sie sogar besser abschneiden, betrachten wir im nächsten Vorteil genauer.
Was jetzt klar wird: Bei identischen Verzinsungen sind die Kosten entscheidend für den Anlageerfolg.
Der Volksmund formuliert dazu die folgende Weisheit:
Der Erfolg einer Unternehmung liegt im Einkauf begründet
Bei Fonds werden die Kosten in der sogenannten Total Expense Ratio TER angegeben. Sie beinhaltet alle Kosten bis auf die Transaktionskosten (Ausgabeaufschlag für Investoren / Gebühren durch Fondsmanagement).
Hierbei lassen sich aktuell ca. die folgenden Werte als Durchschnitt ermitteln:
ETFs sind auf der Kostenseite unschlagbar günstig und haben daher beste Voraussetzungen, um hohe Gewinne abzuwerfen.
Grundsätzlich unterscheidet man bei Investitionen zwei Varianten: Das aktive und das passive Investieren.
Beim aktiven Investieren kaufst Du Anteile eines Investmentfonds. Dieser Fonds beschäftigt und bezahlt jetzt einen Fondsmanager, welcher sein Fachwissen und seine persönliche Expertise nutzt, um die besten Wertpapiere auszusuchen und zu kaufen.
Das Ziel beim aktiven Investieren ist es, den Markt zu schlagen
Beim passiven Investieren kaufst Du Anteile eines Investmentfonds, genauer gesagt eines Indexfonds. Dieser Fonds beschäftigt und bezahlt ebenfalls einen Fondsmanager, welcher jetzt jedoch lediglich die Aufgabe besitzt, alle Wertpapiere des Index zu kaufen, welcher abgebildet werden soll.
Das Ziel beim passiven Investieren ist es, den Markt abzubilden
Eine aktuelle Studie der Ratingagentur Scope hat ergeben: Die meisten aktiv gemanagten Fonds schaffen es nicht, den Markt/Index zu schlagen. Und erheben dann noch höhere Gebühren für das Management.
Von 2.030 untersuchten aktiv gemanagten Fonds haben es im ersten Halbjahr 2021 lediglich 773 Fonds geschafft, ihren Vergleichsindex zu übertreffen. Dies ist eine Quote von 38 %.
Noch schlechter schneiden die aktiven Fonds im Bereich "Aktien" ab: Hier konnten lediglich 28 % der aktiv gemanagten Fonds den Vergleichsindex MSCI World schlagen.
Eine Investition in einen ETF (passives Investieren) bringt dem Anleger im Vergleich zu einer Investition in einen aktiv gemanagten Fonds mehrere Vorteile:
Du hast eine solche Situation bestimmt auch schon erlebt: Auf einer Party erzählt einer der Gäste von seinen Anlageerfolgen. Der smarte Anleger hat Tesla bei 250 € gekauft und nur neun Monate später bei 1.000 € verkauft. Eine satte Rendite von 300 %.
Daraus entwickeln viele Anleger die Fragestellung:
Welche Aktie soll ich jetzt kaufen, um mein Geld rentabel anzulegen?
Die beste Antwort auf diese Frage lautet: Alle!
Ein großer Teil der Privatanleger versucht sich im sogenannten Stockpicking: Sie versuchen, die Aktien zu finden und zu kaufen, die in der Zukunft besonders gut performen werden.
Winken doch auch exorbitante Gewinne:
Hättest Du 1991 für lediglich 5.000 € Apple Aktien gekauft, wärst Du heute, 30 Jahre später, mehrfacher Millionär. Die Aktie stand damals bei rund 35 Cent.
Problem an der Sache: Du weißt immer erst hinterher, welche Aktie durch die Decke geht (Apple, Amazon, Tesla & Co) und welche Aktie ein Rohrkrepierer wird (Wirecard).
Wenn Du die Tatsache akzeptieren kannst, dass Du kein Trüffel-Schwein für Aktien bist, ist die Konsequenz daraus, nicht einzelne Aktien zu kaufen, sondern alle.
Du streust Deine Gelder möglichst breit auf viele verschiedene Anlagen. Das nennt sich Diversifikation.
Das bedeutet, dass Du zwar von jeder Aktie nur wenige Stück besitzt. Allerdings ergeben sich daraus zwei Vorteile:
Um Dein Geld also möglichst breit zu streuen, sind ETFs ideal.
Sie bilden einen Index nach und enthalten automatisch alle Wertpapiere, die im Index vorhanden sind.
Als Beispiel: Der bekannteste Deutsche Index ist der DAX, der Deutsche Aktien Index. Er enthält aktuell die 30 größten Deutschen Aktienunternehmen.
Kaufst Du einen ETF auf den DAX, hast Du also automatisch alle 30 Aktien gekauft. Mit einem einzigen Wertpapier.
Die folgende Grafik verdeutlicht an Hand einer einfachen Beispielrechnung die Vor- und Nachteile von Diversifikation:
Der Vorteil von Diversifikation liegt darin, dass die Sicherheit der Anlage steigt, da Totalverluste (die bei einzelnen Wertpapieren möglich sind) nicht mehr ins Gewicht fallen.
Der Nachteil besteht darin, dass maximal durchschnittliche Renditen erzielt werden können.
Im Beispiel ist offensichtlich, dass der Stockpicker mit Depot 3 höhere Renditen erzielt. Allerdings wird ein Verlust (Depot 2) vermieden.
Da ETFs in einen gesamten Index breit investieren, sind sie größt möglich diversifiziert
Der nächste Vorteil gilt nicht exklusiv für Indexfonds, sondern für alle Investmentfonds: Es besteht die Möglichkeit, schon mit sehr kleinen Beträgen am Kapitalmarkt zu investieren.
Wer als Anleger direkt in Aktien investieren möchte, muss ggf. schon über einiges an Kapital verfügen:
Hier eine Übersicht über die aktuellen Kurs ausgewählter Aktien
Wenn Du jetzt also 1.000 € in diese Aktien investieren möchtest, klappt das nicht.
Eine Investition in einen Fonds hingegen ist meistens schon ab Summen von 5 - 10 € möglich.
Dies wird erreicht, weil Fondsanteile auch anteilig gekauft werden können.
Bei einem Sparplan investierst Du monatlich einen festen Betrag in einen Fonds/ETF und kaufst somit regelmässig Anteile.
Möchtest Du also beispielsweise 100,- € monatlich investieren, ist das mit einem Sparplan möglich; als Direktinvestition in Aktien wird dies eher schwierig werden (Problem der Stückelung und des Kurses).
Durch die Aufteilung der Investition in monatliche Raten nutzt Du außerdem noch den sogenannten cost-average-effect.
Dieser Effekt ist z.T. stark umstritten; ich persönlich bin jedoch ein großer Verfechter dieser Thematik.
Vereinfacht ausgedrückt beschreibt der Effekt den Umstand, dass Du bei Kursschwankungen und einem festen Sparbetrag Deine Rendite optimierst, weil Du viele Anteile kaufst, wenn die Kurse tief stehen und wenige Anteile, wenn die Kurse hoch stehen.
Die meisten ETFs können mit einem Sparplan bespart werden und das z.T. mit Mindestsummen im Bereich ab 5 - 10 €.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie ETFs die Wertentwicklung eines Index abbilden, siehe ETF Grundlagen.
Im Fall einer synthetischen Nachbildung kann das Portfolio des ETF ganz andere Wertpapiere enthalten als der Index. Zusätzlich zum eigenen Portfolio wird dann noch ein Tauschgeschäft (Swap) mit normalerweise einer Bank abgeschlossen.
Aus dem Swap erhält der ETF die Rendite des Index und tauscht diese gegen die Rendite aus seinem eigenen Portfolio.
Die beiden Parteien (ETF und Bank) gehen also eine Art Finanzwette ein.
Problematisch wird diese Art von Geschäft lediglich in dem Fall, wenn der Swap-Partner (Bank) des ETF zahlungsunfähig wird.
In diesem Fall würden die Anleger ihr Geld verlieren, denn der Swap ist nicht Teil des (geschützten) Sondervermögens.
Das Risiko ist jedoch begrenzt durch die europäischen Vorschriften zur Regulierung von Investmentfonds (OGAW): Der Wert der Swaps darf maximal 10 % des Fondsvermögens betragen.
Die Diversifizierung (Aufteilung des Anlagevermögens auf möglichst viele verschiedene Wertpapiere) ist Fluch und Segen zugleich.
Im Vergleich zum Stockpicking bedeutet die hohe Streuung auf der einen Seite eine höhere Sicherheit für das Vermögen der Anleger.
Wie wir weiter oben bereits festgestellt haben, ist es das Ziel eines Indexfonds, die Wertentwicklung des Marktes möglichst gut nachzustellen. Diese Intention bringt jedoch auch einen Nachteil mit sich:
Der Markt kann nie geschlagen werden, da ja alle Wertpapiere aus dem Markt gekauft werden.
Es ist also mittels ETF immer nur möglich, maximal die (durchschnittliche) Performance des Marktes zu erzielen.
Eine Outperformance des Marktes, wie sie aktiv gemanagte Fonds anstreben, ist hier nicht möglich.
Viele Anbieter replizieren die Wertentwicklung eines Index durch die physische Replikation: Sie kaufen 1:1 die Wertpapiere aus dem Index im identischen Mischungsverhältnis.
In diesem Fall weiß der Käufer des ETF genau, welche Wertpapiere im Fondsvermögen vorhanden sind.
Sollte die synthetische Replikation mittels Swap genutzt werden, verhält sich die Sachlage etwas anders: Der ETF bringt zwar die Rendite aus dem Index (durch den Swap), das eigene Portfolio kann jedoch aus vollkommen anderen Wertpapieren bestehen.
In meinen Augen ist dies grundsätzlich kein Problem, aber ...
Möchtest Du bestimmte Themen bei Deinen Investitionen berücksichtigen, wäre dies mit Swap-basierten ETFs nicht oder nur bedingt möglich.
Wenn Deine Investitionen zum Beispiel nachhaltig sein sollten und/oder Du nicht in bestimmte Branchen (Rüstungsmaterial, Öl, Gentechnik usw.) investieren möchtest, solltest Du auf physisch replizierte ETFs zurückgreifen.
Ansonsten besteht die Möglichkeit, dass beispielsweise ein "grüner" ETF, der Swap-basiert die Werteintwicklung eines passenden, ethisch einwandfreien Index repliziert, trotzdem Wertpapiere kauft, die Du eigentlich vermeiden möchtest.
ETFs sind börsengehandelte Fonds, was bedeutet, dass sich der Kurs/Wert der Anteile aus dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage ergibt.
Dies bedeutet in letzter Konsequenz: Entwickelt sich die Wirtschaft positiv, steigen die Kurse und vice versa.
Langfristig betrachtet wächst die Wirtschaft. Der Wert der Anteile nimmt also zu.
Das Wachstum erfolgt jedoch nicht schön linear, sondern sprunghaft. Kurse schwanken. Und in regelmässigen Abständen kommt es an der Börse auch immer wieder zu Kurseinbrüchen mit Wertverlusten zwischen 30 und 40 %.
So auch im März 2020, als die Corona-Krise die Börsen der Welt erschüttert und für kurzfristige Rücksetzer von bis zu 35 % gesorgt hat.
Die Handelbarkeit an der Börse ist auf der einen Seite ein Vorteil: Du kannst zu jeder Zeit Deine Fondsanteile verkaufen und zu Geld machen.
Auf der anderen Seite ist jedoch im Vorfeld nicht klar, zu welchem Kurs dies möglich ist.
Hättest Du also gerade Ende März 2020 Deine Anteile verkaufen müssen, hättest Du dies nur mit einem ordentlichen Abschlag tun können.
Im Vergleich zu anderen Anlageklassen oder Direktinvestitionen in Aktien kommen die ETFs beim Thema Kursschwankungen nicht schlechter weg, weil eben alle Anlageklassen Wertschwankungen unterliegen.
Es sei jedoch trotzdem darauf hingewiesen, dass bei Investitionen in ETFs ein langer Anlagezeitraum (ideal +10 Jahre) empfehlenswert ist und im Rahmen von persönlichem Moneymanagement nur Gelder investiert werden, die nicht kurzfristig verfügbar sein müssen.
Für die Individualisten und engagierten Anleger sind Indexfonds mit einem gravierenden Nachteil ausgestattet (genau wie aktiv gemanagte Fonds jedoch auch):
Es besteht keinerlei Möglichkeit, auf die Fondsmanager einzuwirken, um bestimmte Wertpapiere zu kaufen oder zu verkaufen.
Wer also, aus welchen Gründen auch immer, Aktie A in seinem Depot haben möchte oder Aktie B eben nicht, der muss tatsächlich Stockpicking betreiben und sich selbst um sein Depot und seine Aktienauswahl kümmern.
In Fonds trifft das Management die Entscheidungen über die Anlagestrategie und den Handel.
Es gibt verschiedene Anbieter für ETFs, letztendlich kann man jedoch die Vor- und Nachteile allgemein wie folgt zusammenfassen:
Weitere hilfreiche Infos zum Thema Vermögensaufbau mit ETFs findest Du hier:
ETF Grundlagen: Alles, was Du über ETFs wissen solltest
Welchen ETF MSCI World sollte ich kaufen?
Dividenden ETFs: Das passive Einkommen für Jedermann
ETFs einfach erklärt: Grundlagen und Strategien
TER bei ETFs: Wie hoch sind denn die Kosten nun wirklich?