In dem Beitrag Wie entstehen Börsenkurse hast Du gelernt, wie technisch-inhaltlich Kurse an der Börse gebildet werden.
Diese Kurse werden zu Informationszwecken (nicht zuletzt für Trader) in sogenannten Kurscharts dargestellt: Graphische Darstellungen der Kursverläufe je Wertpapier.
Um nun diese Charts richtig lesen und interpretieren zu können, brauchst Du auch hier ein gewisses Grundwissen.
Beschäftigen wir uns also mit den Basics und lernen die Charttechnik für Einsteiger.
Wir schauen uns gemeinsam an, wie aus dem Tickchart eine Kerze entsteht, und zwar auf den unterschiedlichsten Zeiteinheiten.
Anschließend beschäftigen wir uns mit dem Trend, also dem klassischen Kursverlauf:
Was ist ein Trend und woran erkenne ich ihn? Wann gilt ein Trend als gebrochen und wie kannst Du aus der Kombination mit gleitenden Durchschnitten sogar erste Handelsstrategien aus diesem Wissen ableiten?
Technische Analyse im Allgemeinen
Die verschiedenen Zeiteinheiten
Charttechnik für Einsteiger: Aufwärtstrends
Charttechnik für Einsteiger: Abwärtstrends
Charttechnik für Einsteiger: Trendbrüche
Wenn Du Dich mit der Analyse von Aktien auseinandersetzen möchtest, wirst Du sehr schnell feststellen, dass es zwei grundlegende Möglichkeiten gibt:
Die technische Analyse und die Fundamentalanalyse.
Im Rahmen der Fundamentalanalyse wird ein Unternehmen an Hand seiner betriebswirtschaftlichen Kennzahlen bewertet und analysiert.
Ziel der Bewertung ist es, den Unternehmenswert zu bestimmen. Wenn dieser bekannt ist, kann er durch die Anzahl der ausgegebenen Aktien dividiert werden, was als Ergebnis den "wahren" oder "inneren" Kurs einer Aktie ergeben sollte. Ich nenne es kurz den Wert einer Aktie.
Du weißt bereits, dass der Kurs einer Aktie von diesem Wert kurzfristig (stark) abweichen kann, beispielsweise in Krisen oder bei Paniken oder bei großen euphorischen Ereignissen.
Das Ziel der Fundamentalanalyse besteht also darin, den Wert der Aktie zu bestimmen und von Abweichungen zum Kurs der Aktie zu profitieren, ganz grob nach dem folgenden Schema:
Gerade beim kurzfristigen Trading (Daytrading) haben Trader jedoch nicht die Möglichkeit, grundlegende Kennzahlen zu berechnen, um Entscheidungen zu treffen. Hierfür fehlt schlicht die Zeit.
Wenn ein Daytrader Aktien kauft oder verkauft, nutzt er für seine Entscheidungen - unter anderem - die technische Analyse.
Die technische Analyse untersucht die Kurs- und Umsatzhistorie eines Wertpapiers
Die technische Analyse beschäftigt sich also mit den Charts von Aktien und liefert - analog zur Fundamentalanalyse - Daten, anhand derer der Trader Handelsentscheidungen treffen kann.
Allerdings basieren die Daten im Fall der technischen Analyse nicht auf Kennzahlen, sondern auf Kursverläufen. Also im Grunde genommen auf den Meinungen der Marktteilnehmer.
Um es ganz klar zu machen: Dem technischen Trader sind die fundamentalen Kennzahlen "egal".
Wenn alle eine Aktie kaufen, dann steigt der Kurs und er nutzt diese Entwicklung. Wenn alle eine Aktie verkaufen, fällt der Kurs und er nutzt auch diese Entwicklung.
Diese Frage ist in meinen Augen nicht eindeutig zu beantworten.
In Finanzkreisen gibt es hierüber auch sehr kontroverse, teilweise hitzige Diskussionen, die schon fast an religiösen Fanatismus erinnern: Die "Fundamentalisten" behaupten, das die technische Analyse nicht funktioniert und die "Techniker" behaupten von der Kennzahlenanalyse dasselbe.
Ich persönlich gehe da ganz pragmatisch ran: Ich nutze einige Aspekte der technischen Analyse, weil ich damit gute Erfahrungen gemacht habe und sie für mich funktionieren. Alles andere ist mir ehrlich gesagt egal :-)
In meinem Beitrag über die Candlesticks hast Du schon gelernt, wie ein Kurs oftmals grafisch dargestellt wird: Nämlich anhand von Kerzen (engl. Candlesticks).
Zur Wiederholung: Kurse werden in Charts anhand bestimmter Darstellungsweisen wiedergegeben. Und eine der am häufigsten verwendeten Möglichkeiten ist die Nutztung von Candlesticks.
Eine Kerze zeigt dem Trader vier verschiedene Kurse an:
Die Grafik verdeutlicht die Darstellung der einzelnen Kurse mittels der Kerzen.
Wo kommen nun aber die Daten für die Kerzen her? Richtig, aus dem Tickchart.
Du hast bereits in meinem Beitrag über die Entstehung von Börsenkursen die Time-&-Sales-Liste sowie den Tick-Chart kennengelernt.
In der Time-&-Sales-Liste werden alle Trades je Aktie in einem fortlaufenden Journal aufgelistet. Im Detail enthält die Liste also den genauen Zeitpunkt des Trades, den Ausführungskurs und die Anzahl der gehandelten Aktien.
Für die technische Analyse ist eine solche "Zahlenkolonne" jedoch unbrauchbar.
Zur Möglichkeit der grafischen Analyse werden nun die Daten aus der Time-&-Sales-Liste in einem ersten Schritt in einen sogenannten Tick-Chart übertragen.
Im Tick-Chart stellt jeder rote Punkt einen Trade dar.
Auf der Y-Achse kannst Du erkennen, zu welchem Kurs der Trade ausgeführt wurde.
Die X-Achse gibt die Zeit wieder. Stell Dir dies wie ein "Zeitband" vor, welches gleichmässig von links nach rechts weiterläuft. Da die Trades zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgen und dabei keinem Schema folgen, sind die Abstände auf der X-Achse logischer Weise unterschiedlich.
Je enger die Punkte auf der X-Achse beeinander liegen, desto kürzer waren die zeitlichen Abstände und vice versa.
Der nächste interessante Aspekt bei der technischen Analyse ist die Tatsache, dass ein Chart immer Kurse im Rahmen einer gewählten Zeiteinheit anzeigt.
Dies macht absolut Sinn und ist notwendig, denn wenn sich Dein Trading beispielsweise auf den (sehr) kurzfristigen Handel bezieht, möchtest Du vielleicht die Kursentwicklung auf 1-Minuten oder 5-Minuten-Basis analysieren.
Basiert Dein Trading jedoch eher im langfristigen buy-and-hold Ansatz, interessieren Dich die kurzfristigen Kursschwankungen überhaupt nicht. Du möchtest stattdessen den Kurs vielleicht auf 1-Tages oder sogar Wochen-Basis analysieren.
Unabhängig davon, welche Zeiteinheit nun die für Dich spannende ist:
Die Umwandlung der Darstellung vom Tick-Chart auf verschiedene Zeiteinheiten ist immer identisch
In der obigen Grafik habe ich mal die kleinstmögliche Variante, den 1-Minuten-Chart ausgewählt.
Um nun nicht jeden einzelnen Trade, sondern einen Kursverlauf ablesen zu können, werden also die Trades aus der Time-&-Sales-Liste in Zeiteinheiten eingeteilt. Ich habe beispielhaft die Minuten genommen, angefangen bei der fiktiv gewählten Uhrzeit 10.06 Uhr, fortlaufend bis 10.11 Uhr.
Möchtest Du einen Kursverlauf auf einer höheren Zeiteinheit ansehen, beispielsweise auf Tages-Basis, werden die Zeitabstände einfach größer gewählt.
Die folgende Abbildung zeigt Dir nun beispielhaft, wie jetzt der Übergang von den einzelnen Datenpunkten aus dem Tick-Chart zu einem Candlestick ist.
Betrachten wir die Minute um 10.06 Uhr. In diesem Zeitfenster sind vier Trades ausgeführt worden:
Basierend auf Deinem Wissen über den Aufbau eines Candelsticks erkennst Du nun hoffentlich schon die Dir bekannten Begrifflichkeiten.
Der letzte Schritt besteht nun noch lediglich darin, alle Trades innerhalb der gewählten Zeiteinheit grafisch in einer Kerze zusammenzufassen. Angewendet auf den obigen Tick-Chart würde in diesem Fall daraus das folgende Bild entstehen:
Um 10.06 Uhr ist der Eröffnungskurs gleichzeitig der Höchstkurs. Daher besitzt die Kerze keinen oberen Schatten. Da der Eröffnungskurs oberhalb des Schlusskurses liegt, ist der Körper der Kerze schwarz (manchmal auch rot) gefärbt, was in der Regel für fallende Kurse steht.
Um 10.07 Uhr ergibt sich ein anderes Bild: Der Schlusskurs und der Höchstkurs sind identisch, daher hat auch diese Kerze keinen oberen Schatten. Allerdings liegt der Schlusskurs über dem Eröffnungskurs, weshalb der Körper der Kerze weiß (manchmal auch grün) gefärbt ist, was in der Regel für steigende Kurse steht.
Für eine technische Analyse von Charts kannst Du verschiedene Zeiteinheiten und Darstellungsformen auswählen.
Die gängigste Darstellungsweise ist die mittels Candlesticks.
Jede einzelne Kerze verdichtet alle ausgeführten Trades innerhalb der von Dir ausgewählten Zeiteinheit zu einer einzigen, aussagekräftigen Kerze, welche Du dann interpretieren/analysieren kannst, um Dir eine Meinung über den zukünftigen Kursverlauf zu bilden.
Vielleicht hast Du schon einmal einen dieser Sätze gehört:
usw. Es handelt sich bei diesen Sätzen um Börsenweisheiten, die sich im Grunde genommen alle auf das gleiche Thema beziehen: Den Trend.
Bei der Analyse von Charts ist es eine der Hauptaufgaben zu erkennen, welchem Trend die Kurse folgen. Deine Entscheidung über kaufen oder verkaufen wird vom Trend massgeblich beeinflusst werden.
So bedeutet der Satz "the trend is your friend" inhaltlich, dass Du konform zum Trend handeln solltest. Also bei steigenden Kursen kaufen und bei fallenden Kursen verkaufen.
Ob das nun sinnvoll ist oder nicht, will ich an dieser Stelle gar nicht bewerten. Wir wollen uns vielmehr mit der Frage beschäftigen: Was ist überhaupt ein Trend?
Im Grunde genommen hast Du schon genug Erfahrungen gesammelt, um einen Trend sofort erkennen zu können.
Der obige Chart zeigt den aktuellen Kursverlauf eines ETFs auf den MSCI World Index. Du erkennst auf den ersten Blick: Es handelt sich um einen Aufwärtstrend. Die Kurse steigen.
Wann spricht man jedoch aus der Sicht eines Chartanalysten nun von einem sauberen Aufwärtstrend? Wann würdest Du also kaufen, um von der bullishen Bewegung zu partizipieren?
Im zweiten Chart kannst Du erkennen, dass die Kurse niemals linear verlaufen, weder bei Auf- noch bei Abwärtsbewegungen. Kurse verlaufen immer in Zick-Zack-Mustern. Zum besseren Verständnis habe ich über die Kerzen Linien gezeichnet, welche den Kursverlauf vereinfacht darstellen.
Wenn Du einen Markt analysieren, sprich den Chart einer Aktie technisch auswerten möchtest, ist einer der ersten Schritte, die jeweiligen Hoch- und Tiefpunkte des Kurses zu erkennen und zu markieren.
Im Chart habe ich die verschiedenen Hochpunkte mit H1 bis H4 und die entsprechenden Tiefpunkte analog mit T1 bis T4 gekennzeichnet.
Ein Hochpunkt entsteht, wenn nach einer längeren Aufwärtsbewegung die Kurse wieder fallen
Möchtest Du die technische Analyse für Dein Trading benutzen, musst Du lernen, Charts aus einer "höheren Perspektive" zu lesen und den Kursverlauf zu vereinfachen. Du versuchst, Tendenzen und Richtungen von Kursverläufen zu erkennen und zeichnest diese Muster direkt in den Chart.
Die Kunst besteht jetzt darin, nicht aus jeder Kerze, die den Verlauf ändert, einen Hoch- oder Tiefpunkt zu machen, sondern quasi aus der Meta-Ebene einen Blick für die größeren Zusammenhänge zu entwickeln.
Je mehr Charts Du analysieren wirst, desto besser wird Dir dies gelingen.
Ein Tiefpunkt entsteht, wenn nach einer längeren Abwärtsbewegung die Kurse wieder steigen
Analog zu den Hochpunkten kannst Du die Tiefpunkte definieren, erkennen und im Chart einzeichnen.
Von einem sauberen Aufwärtstrend spricht man, wenn:
Beide Voraussetzungen sind im gewählten Beispiel klar zu erkennen, weshalb Du auf den ersten Blick sofort den zugrunde liegenden Aufwärtstrend erkennen konntest.
Analog zum Aufwärtstrend gelten spiegelbildlich die gleichen Aspekte für den Abwärtstrend. Die folgende Grafik zeigt den Kursverlauf der Porsche Aktie:
Wie Du erkennen kannst, handelt es sich hier um einen sauberen Abwärtstrend.
Von einem sauberen Abwärtstrend spricht man, wenn:
Wenn Du die technische Analyse für Dein Trading nutzen möchtest, um trendkonform Aktien zu kaufen oder zu verkaufen, ist es nicht nur hilfreich, erkennen zu können, um welche Art von Trend es sich handelt, sondern auch, wann dieser Trend vor dem Ende steht.
Sprich: Wann ist mit einer Trendwende zu rechnen oder ab wann gilt ein Trend als gebrochen?
Der obige Chart zeigt den Kursverlauf der Dropbox Aktie. Zunächst lässt sich feststellen, dass ein sauberer Aufwärtstrend vorlag: Höhere Hochs (H1 bis H3) und höhere Tiefs (T1 bis T3).
Du hast jedoch wahrscheinlich auch sofort erkannt, dass der nächste Hochpunkt H4 nicht mehr höher, sondern tiefer als sein Vorgänger H3 liegt.
Gleiches gilt für den nächsten Tiefpunkt T4, welcher ebenfalls tiefer als sein Vorgänger T3 liegt.
Beides sind klare Signale für einen Trendbruch, in diesem Fall das Ende des vorherigen Aufwärtstrends. Anschließend ist der Kurs der Aktie tatsächlich - wie erwartet - weiter gefallen.
Liegt aktuell ein Aufwärtstrend vor, spricht man von einem Trendbruch, wenn:
Liegt aktuell ein Abwärtstrend vor, spricht man von einem Trendbruch, wenn:
Möchtest Du im Rahmen Deines Trading Aktien handeln, solltest Du Dich bei der Analyse jedoch nicht nur auf den Trend allein verlassen.
Du kannst Dein Trading weiter verbessern, indem Du Deine Kenntnisse über den Trend mit Indikatoren verknüpfst.
Um einen Markt beurteilen zu können, werden im Rahmen der technischen Analyse oftmals auch sogenannte Indikatoren benutzt.
Ein Indikator ist ein Hilfsmittel, welches auf mathematischen Grundlagen die Vergangenheit von Chartverläufen analysiert und dadurch optimale Ein- oder Ausstiegspunkte für Deinen Handel generiert
Indikatoren sind also keine eigenständigen Handelsideen. Sie eigenen sich jedoch in Kombination mit der Trendanalyse, Chancen und Möglichkeiten erkennen und anzeigen zu lassen.
Einer der simpelsten und am einfachsten zu verstehenden Indikatoren ist der gleitende Durchschnitt.
Der gleitende Durchschnitt ist im Grunde genommen ein sogenannter Trendfolgeindikator.
Der gleitende Durchschnitt ist eine geglättete Linie, welche aus den Kursdaten der Vergangenheit den Durchschnitt bildet und grafisch darstellt.
In der Grafik habe ich erneut den Dropbox Chart von oben genutzt und einen 80-Tage-gleitenden-Durchschnitt anzeigen lassen (blaue Linie).
Grundsätzlich kannst Du hier erkennen, das der Abstand von Durchschnitt zum aktuellen Kurs umso größer wird, je höher die Zahl der verwendeten Tage gewählt wird. Ein 200-Tage-gleitender-Durchschnitt würde also noch weiter vom Kurs entfernt liegen als der gewählte 80-Tage-Durchschnitt.
Ein gleitender Durchschnitt soll
Ein gleitender Durchschnitt sieht nicht zukünftige Kursbewegungen vorher!
Angewendet auf unser obiges Beispiel habe ich mit zwei roten Pfeilen das Einstiegs- und Ausstiegssignal des Indikators eingezeichnet.
Beim ersten roten Pfeil wird der Indikator vom aktuellen Kurs von unten nach oben durchbrochen. Anschließend notieren die aktuellen Kurse oberhalb des Durchschnitts.
Kombiniert mit einem neuen Hoch aus der Trendbetrachtung könntest Du dies als Signal benutzen, um in den Markt einzusteigen und zu kaufen.
Solange der Trend nun intakt ist (Neue höhere Hochs, neue höhere Tiefs, Kurs über dem gleitenden Durchschnitt), kannst Du die Wertpapiere halten.
Am zweiten roten Pfeil kannst Du erkennen, dass die Kurse den Durchschnitt von oben nach unten durchbrechen und anschließend unterhalb des Durchschnitts notieren.
Kombiniert mit der Info aus der Trendbetrachtung (kein neues höheres Hoch ausgebildet), hättest Du hier ein erstes Warnsignal erhalten, dass sich der Trend dem Ende naht und ggf. die Wertpapiere mit schönem Gewinn verkaufen können.
Weitere Infos zu gleitenden Durchschnitten findest Du hier.
Bitte sei Dir darüber im klaren, dass ich das Beispiel aus didaktischen Gründen so gewählt habe. Es ist keine vollständige, erfolgversprechende Handelsstrategie, Aktien zu kaufen, wenn der Durchschnitt von unten nach oben gebrochen wird und vice versa.
Allerdings liefern Indikatoren in Kombination mit der Trendanalyse wertvolle Signale, welche Du für Dein Trading benutzen kannst.
In diesem Sinne wünsche ich Dir nun viel Spaß und Erfolg bei der Chartanalyse und beim ausprobieren verschiedenster Indikatoren!
Dein Moneten-Magier